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Marktkommentar 2. Quartal 2023

Marktrückblick

Nach einem turbulenten Jahresstart mit Bankenpleiten und einer zunächst wieder anziehenden Inflation hielt das zweite Quartal vor allem für international orientierte Anleger positive Überraschungen bereit. Nach einer Seitwärtsbewegung bis in den Mai setzten vor allem die Technologie-lastigen amerikanischen und japanischen Aktienindizes zu einer fulminanten Rallye an, die von Hoffnungen über Fortschritte im Bereich künstlicher Intelligenz getrieben wurden. Gleichermaßen sackte die Volatilität sowohl an den Renten- wie Aktienmärkten in sich zusammen, was die Märkte ebenfalls stützte.

Während sich die Rallye zu Jahresanfang noch ausschließlich auf Technologie-Aktien beschränkte, konnten ab Juni auch weitere Sektoren leicht zulegen. Links liegen gelassen wurden dabei Aktien mit hohen Free Cash Flows und Dividenden, deren Kurse größtenteils das Halbjahr im Minus beendeten. Die unterschiedliche Entwicklung der „Wachstums“- und Substanz-Segmente zeigte sich besonders eindrucksvoll beim Vergleich des Technologie-Index Nasdaq mit dem Dow Jones: Während der Nasdaq das beste Halbjahr seiner Geschichte hinlegte (nach einem der schlechtesten Ergebnisse im Vorjahr), trat der Dow Jones auf der Stelle. Interessant ist dabei, dass der Anstieg beim Nasdaq fast ausschließlich auf eine extreme Bewertungsausweitung zurückging. So fielen die Unternehmensgewinne im Vergleich zum Vorjahr; die Gewinnschätzungen gingen ebenfalls zurück. Aktuell sind zudem ca. 60% der Unternehmen im Nasdaq unprofitabel. Fundamental steht die Rallye entsprechend auf tönernen Füßen.

Auch die europäischen Aktienindizes taten sich nach gutem Jahresstart schwer. So erreichte der Dax zwar ein Allzeithoch, konnte dieses aber vor dem Hintergrund der nun bestätigten Rezession in Deutschland nicht halten und notiert aktuell wie auch der Eurostoxx auf dem Stand von Mitte Februar. Auch Schwellenländeraktien verzeichneten keine Zuwächse, da die erhofften Impulse aus der chinesischen Wirtschaft bisher ausblieben. Einzig Japan stach mit einer deutlich positiven Entwicklung im ersten Halbjahr hervor, die gleichwohl durch eine Abwertung des Yen um mehr als 10% für Euro-Investoren gebremst wurde.

Wie von uns erwartet führten weiter steigende Zinsen zu sinkenden Anleihekursen. Dass die Anleiheindizes dennoch marginal positive Ergebnisse erzielten, lag an im Verhältnis zu den Kursen mittlerweile wieder höheren Kupons. Der Goldpreis fiel erwartungsgemäß im Zuge steigender Realzinsen und sinkender Unsicherheit am Markt, schloss das Halbjahr aber noch mit etwa 3% im Plus ab.

Insgesamt lässt sich – wie im letzten Quartal schon – konstatieren, dass sich die Märkte weiterhin auf der Suche nach einem neuen Trend befinden. Entsprechend beobachteten wir weiter das erwartete „Panik“-Verhalten: Die Angst, nach einem schwachen Jahr 2022 den Wiedereinstieg zu verpassen, führt zu starken Rallyes bzw. starken Abverkäufen in einzelnen Segmenten, ohne dass sich das fundamentale Umfeld (steigende Zinsen, restriktive Geldpolitik, nachlassendes Wachstum bzw. Rezession) geändert hätte.

Marktausblick

Zu Anfang des Jahres wiesen wir an dieser Stelle auf das negative Sentiment und die defensive Positionierung vieler Anleger hin, was unseres Erachtens weitere starke Abverkäufe unwahrscheinlich erscheinen ließ. Im ersten Quartal zeigte sich dies, als selbst große Bankenpleiten nur kurzfristig für Verwerfungen an den Märkten sorgten. Auch ist die „meist antizipierte“ Rezession in den USA bisher nicht eingetreten und auch in der Eurozone ist es durch Gasmangel nicht zum befürchteten Stillstand gekommen. So konnte sich der Markt an einer „Wall of Worry“ nach oben arbeiten. Besonders bei amerikanischen Tech-Aktien, die zufällig bei US-Privatanlegern sehr beliebt sind, ließ sich das ebenfalls am Jahresanfang angesprochene reflexive Verhalten der Markteilnehmer beobachten: in Erwartung höherer Kurse wird hinzugekauft, was wiederum zu höheren Erwartungen und dann wieder höheren Kursen führt. Dabei steht die Preisbewegung aktuell im Vordergrund, fundamentale oder unternehmensspezifische Entwicklungen werden ausgeblendet – und das just in dem Moment, in dem die Unternehmensgewinne anfangen zu fallen.

Erschwerend hinzu kommt die seit der Corona-Pandemie weiterhin erratische Datenlage. So werden derzeit deutlich häufiger und in einem größeren Maß als üblich bereits veröffentlichte Marktdaten revidiert und nachträglich angepasst. Entsprechend schwer fällt es, ein klares Bild der unterliegenden Entwicklung der Wirtschaft zu erhalten.

Nachdem wir im zweiten Quartal noch eine neutrale Haltung mit positiver Tendenz einnahmen, hat sich der Ausblick nun etwas geändert. Der Markt hat nun ein „Goldilocks“-Szenario eingepreist: eine durch Basiseffekte sinkende Inflation, ein gelungenes „Soft Landing“ in den USA und darauf folgend wieder sinkende Zinsen – dies alles bei einer weiterhin robusten US-Wirtschaft, befeuert wie eh und je vom Konsum und einem starken Arbeitsmarkt. Da dieses Szenario nun kurzfristig – zumindest bezogen auf den US-Konsumenten – eingepreist ist, bleibt wenig, was positiv überraschen könnte. So befinden sich z.B. die Flugbewegungen in den USA bereits auf einem neuen Rekordstand – die Aufholbewegung nach Corona ist somit abgeschlossen. Auch die bisher weiterhin expansive Fiskalpolitik in den USA sollte zurückgefahren werden. Entsprechend erwarten wir für das dritte Quartal ein deutlich durchwachseneres Bild an den Märkten – es sei denn, dass „Soft Landing“-Szenario tritt tatsächlich ein. Der Blick in die Historie offenbart jedoch, dass es durchaus riskant ist, darauf zu setzen: ein einziges Mal ist der Fed dieses Kunststück bisher gelungen.

Nachdem das erste Halbjahr von der Markttechnik (Psychologie) und steigenden Erwartungen geprägt war, könnten im zweiten Halbjahr also wieder reale Risiken in den Vordergrund treten. So zeigt sich die Kerninflation sowohl in der EU als auch in den USA als weiterhin hartnäckig. Einer der Gründe hierfür sind sicher die immer noch starken Arbeitsmärkte. Auch wenn sich hier in den USA und auch in Deutschland erste Risse zeigen, so stützt die Lohnentwicklung weiterhin den Konsum und die Preise. Schon ein leichter Wiederanstieg der Rohstoff- und Energiepreise hätte sogar wieder eine steigende Inflation zur Folge. Entsprechend haben EZB und FED weitere Zinserhöhungen angekündigt. Dies bremst das ohnehin schon schwächelnde Kreditwachstum weiter ab. Und auch wenn die Insolvenzen in den USA wie auch in der EU bereits deutlich ansteigen, rückt die vom Markt ursprünglich schon für dieses Jahr eingepreiste Zinswende damit weiter in die Zukunft.

Hier zeigt sich jedoch, wie schwierig es aktuell ist, die zeitliche Verschiebung der Wirkung restriktiverer Geldpolitik zu prognostizieren. Das jahrelange Null- und Negativzinsumfeld hat dazu geführt, dass viele Unternehmen b.a.w. in den Genuss einer sehr günstigen Refinanzierung kommen. Dies gepaart mit den vielfach durchgesetzten Preissteigerungen führt dazu, dass die Bilanzen vieler Unternehmen selbst bei sinkenden Gewinnen nicht in Schieflage geraten – wovon derzeit besonders Qualitäts-Aktien profitiert haben.

Beobachten ließ sich dies kürzlich bei dem globalen Unternehmen Samsung, dass einen Gewinneinbruch von 96% (!) erlitt. Der Aktienkurs reagierte kaum, wohl auch, weil der Einbruch als vorübergehend angesehen wird. Wir sind skeptisch, ob die im Markt eingepreisten Gewinnerwartungen für 2024 nicht deutlich überhöht sind. Fakt ist: Die Gewinnrezession ist global Realität. Die Margen sind so niedrig wie zuletzt in der Finanzkrise und in der Tendenz weiter fallend.

Hoffnungen von Impulsen aus China sehen wir ebenfalls kritisch. Zu schwer wiegen die Folgen des Platzens der chinesischen Immobilienblase, und angekündigte Stimulus-Maßnahmen seitens der Regierung zielen vermehrt eher auf die Wirtschaft und weniger auf den Konsumenten ab. Entsprechend zurückhaltend sind wir auch für die exportlastigen deutschen Unternehmen, die bisher von Stimulus-Hoffnungen profitiert hatten. Die sinkende Produktion sowie zurückgehende Auftragseingänge fügen sich in dieses Bild ein.

Auch aus markttechnischer Sicht ergibt sich kurzfristig ein eingetrübtes Bild. Die Sentiment-Indikatoren befinden sich derzeit im „Euphorie/Gier“-Bereich. Entsprechend sind viele Anleger im Juni wieder massiv in den Markt eingestiegen, was die Menge potenzieller Käufer schrumpfen lässt. Der (statistische) saisonale Rückenwind sollte zudem ab Mitte Juli nachlassen; außerdem befinden sich viele Unternehmen in ihrem „Blackout Window“ und dürfen derzeit keine eigenen Aktien zurückkaufen. Zu guter Letzt sind viele Indizes „überkauft“ und damit anfällig für Rücksetzer.

Aus den geschilderten Überlegungen lassen sich folgende Schlussfolgerungen ziehen:

  1. Der Markt wird weiter Unternehmen mit robusten Bilanzen bevorzugen und hoch gehebelte Unternehmen abstrafen.
  2. Die Hoffnungen auf ein mögliches Ende des Zinserhöhungszyklus erweisen sich abermals als verfrüht. Entsprechend vorsichtig sollte weiterhin bei Rentenanlagen mit hoher Zinssensitivität (Duration) agiert werden. Der „Gravitationskonstante“ Zins kann der Kapitalmarkt auch unter Zuhilfenahme der KI nicht entfliehen.
  3. Die negativen vorlaufenden Indikatoren gepaart mit einer sinkenden Liquidität und der tief invertierten Zinskurve lassen eine Übergewichtung von Risikoanlagen weiterhin wenig ratsam erscheinen. Aktuell liegt die Gewinnrendite amerikanischer Unternehmen auf dem gleichen Niveau wie die kurzfristige Geldmarkt-Verzinsung. Eine attraktive Bewertung sieht anders aus.
  4. Auch wenn die Volatilität am Markt kurzfristig in sich zusammengefallen ist, bleibt es unter der Oberfläche turbulent. Ein Beispiel: der DAX-Wert Siemens Energy fiel nach der Zurücknahme der Gewinnprognose an einem Tag um fast 40%. Solche Bewegungen sprechen für eine weiterhin fragile Marktlage, von der Unternehmen mit hoher Marktkapitalisierung profitieren.

Zusammenfassend lässt sich die Gretchen-Frage für die zukünftige Marktentwicklung wie folgt formulieren: Wann kommt die Rezession in den USA, wie fällt diese aus und wie lange dauert es, bis die Folgen der restriktiven Geldpolitik im breiten Markt sichtbar werden? Die historische Geldmengenausweitung um 40% im Corona-Jahr 2020 sorgt hierbei weiterhin für Verzerrungen, die es erschweren, die verzögernde Wirkung zu kalkulieren. Aufschluss geben könnte die Entwicklung des Arbeitsmarkts (der gleichwohl ein „später“ Rezessionsindikator ist) sowie die nun beginnende Berichtssaison in den USA. Und schließlich bleibt noch einer der langfristig besten technischen Indikatoren für die wirtschaftliche Entwicklung, den es gibt: der Aktienmarkt selbst. Hierauf stellt auch unser taktisches Modell ab – und dieses steht im Moment „neutral“. So halten wir es auch – und werden hierfür zwischenzeitlich mit Zinsen und Kupons bezahlt.



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